Tag des offenen Denkmals

Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?

Sonntag, 14.9.2025

Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Eggerhof © Roland Rossner

© Das einmalige Gebäudeensemble des Eggershofs, dessen älteste Gebäude 1535 entstanden

Mottoblog 2023

#1 Vom Wert unserer Denkmale

Team Tag des offenen Denkmals • 15. Juni 2023

Bereits seit 1999 gibt die DSD jährlich ein übergreifendes Thema heraus, das dazu einlädt, Denkmale unter einem neuen Fokus zu betrachten. Ursprünglich sollten so in jedem Jahr mehr Menschen dazu bewegt werden, ihr Denkmal anzumelden – doch schnell entwickelte sich daraus ein echter Mehrwert für alle Denkmalfans, ob langjährige Veranstaltende oder erstmalige Besucherinnen und Besucher. In diesem Jahr lautet das Motto „Talent Monument“. Wir wollten herausfinden, was das Thema auszeichnet.

Beschreiben Sie den Begriff „Denkmal“ und dessen Wert in drei Sätzen.

Denkmale sind Zeitzeugen, die uns heute authentische Informationen über das geben, was frühere Generationen geschaffen haben – an Schönheit, an Einmaligkeit oder an Alltäglichkeit. Denkmale sind unglaubliche Wissensspeicher, die uns Auskunft geben können über ihre Zeit und vieles, was wir sonst nicht mehr nachvollziehen könnten. Es ist deshalb wichtig, dass wir mit offenen Augen durch unsere heutigen Baulandschaften gehen, um ein Gespür für qualitätvolle Zeugnisse unserer Zeit zu entwickeln und zu erkennen, welche „Bau-Talente“ in Zukunft zu Denkmalen unserer Zeit werden können.

Neben dem historischen Wert werden Denkmalwerte durch verschiedene Aspekte definiert. Was ist besonders entscheidend für die Bewertung?

Die Qualität: Nicht jedes historische Gebäude ist ein Denkmal. Wichtig ist die hohe Qualität in künstlerischen, handwerklichen oder technischen Aspekten, die uns ein Denkmal vermitteln kann. Je älter ein Objekt ist, desto wertvoller und schützenswerter wird es, da es natürlich weniger vergleichbare Gebäude aus dieser Zeit gibt. Zum Beispiel ist nicht jede Scheune aus dem 19. Jahrhundert geschützt, eine romanische Scheune aus dem Mittelalter hingegen steht selbstverständlich unter Denkmalschutz, da es aus dieser Zeit nur äußerst wenige Gebäude gibt, an denen man etwas über die Zeit lernen kann.

Was hat sich, aus Ihrer Sicht, verändert in der Bewertung von Denkmalen in den vergangenen 30 Jahren?

Positiv ist ganz bestimmt, dass Denkmalpflege auf ein immer breiteres öffentliches Interesse stößt und dadurch auch immer präsenter in unserer Gesellschaft ist. Diese öffentliche Präsenz kann aber auch ins Negative umschwenken, wenn Denkmale weniger fachlich als viel mehr emotional betrachtet und bewertet werden. Es ist leichter, Engagement für schöne, heimelige Denkmale zu mobilisieren – das geht oft sogar bis zu Rekonstruktionsplänen – als für sperrige Zeitzeugen, die kritische Diskussionen aufwerfen und sich nicht so leicht erschließen.  

Negativ ist aber vor allen Dingen, dass Denkmale sich heute allzu oft in ihrer Wirtschaftlichkeit beweisen müssen. Vergessen wird dabei, dass Denkmale unter Schutz gestellt werden, gerade weil sie wegen ihrer „Nicht-Wirtschaftlichkeit“ gefährdet sind und sie deswegen Hilfe benötigen.

Es ist meiner Meinung nach ein Armutszeugnis, wenn eine Gesellschaft sagt, sie könne sich ihre Erinnerungskultur nicht mehr leisten. Denkmalpflege ist nicht immer günstig, aber sie ist ihren Preis wert! Dafür setzten wir uns als Stiftung ein.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was sollte sich an der Haltung gegenüber Denkmalschutz und Denkmalpflege ändern?

In Zukunft wird die Haltung zur Denkmalpflege wahrscheinlich noch stärker vom Aspekt der Nachhaltigkeit bestimmt. Im Umgang mit Baukultur im Allgemeinen, also Neubau, Altbau und Denkmale muss die Nachhaltigkeitsfrage gestellt werden. Unter diesem Aspekt kann die Denkmalpflege punkten, denn beim Thema Dauerhaftigkeit übertreffen historische Gebäude ihre Konkurrenz der Neubauten. Wenn endlich die gesamte Entstehungs- und Lebensdauer eines Bauwerks betrachtet wird, sind Denkmale konkurrenzfähig. Dabei kann die Denkmalpflege dem nachhaltigen (Neu-)Bauen einen Schub geben.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht der Tag des offenen Denkmals für die Stellung und Wertigkeit von Denkmalen?

Selbstverständlich eine große! Weil an diesem Tag für alle ein Zugang zu Fragestellungen rund um das Thema Denkmalschutz und -pflege geboten wird: Wie will ich wohnen und leben? Wie hat sich das Bauen und die Stadtgestalt entwickelt? Was davon möchte ich beibehalten und weiterentwickeln? Von welchen Geschichten, Techniken oder Materialien aus früheren Zeiten kann ich heute noch lernen? Am Tag des offenen Denkmals sollen Augen geöffnet werden: Warum Bauwerke entstanden sind, wie sie verändert und umgenutzt wurden, welche Konstanten lassen sich erkennen? Diese Schlüsselmomente, die die Wertigkeit von Denkmalen vermitteln, schafft der Tag des offenen Denkmals!

Was wünschen Sie sich für die nächsten 30 Jahre des Tags des offenen Denkmals?

Dass sich der Tag immer wieder neu erfindet und an Herausforderungen wächst! Ich wünsche mir, dass der Zuspruch weiterhin so hoch bleibt oder sogar größer wird, dass die Fragestellungen spannend bleiben und neues Publikum anziehen, damit die Zahl der Denkmalfans weiterhin steigt! Außerdem wünsche ich mir, dass der Tag auch in Zukunft ein politisches Statement setzt, dass Kultur, Geschichte, Nachhaltigkeit und Qualität für unsere Gesellschaft und die Zukunft wertvoll sind!

LESETIPP

Das Buch „Werte. Begründungen der Denkmalpflege in Geschichte und Gegenwart“ dokumentiert anhand einer fotografischen Bildreihe und wissenschaftlichen Diskursen einen dreijährigen „Denkmal-Werte-Dialog“, herausgegeben von Hans-Rudolf Meier, Wolfgang Sonne und Ingrid Scheurmann (2013). Die Kapitel „Historische Werte“, „Ästhetische Werte“ und „Gesellschaftliche Werte“ verdeutlichen die Schwerpunkte, die es innerhalb dieser grundlegenden Frage zum Wert eines Denkmals zu betrachten gilt.

Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen, was sich an der Haltung gegenüber Denkmalschutz und Denkmalpflege ändern sollte?

In Zukunft wird die Haltung zur Denkmalpflege wahrscheinlich noch stärker vom Aspekt der Nachhaltigkeit bestimmt. Im Umgang mit Baukultur im Allgemeinen, also Neubau, Altbau und Denkmale muss die Nachhaltigkeitsfrage gestellt werden. Unter diesem Aspekt kann die Denkmalpflege punkten, denn beim Thema Dauerhaftigkeit übertreffen historische Gebäude ihre Konkurrenz der Neubauten. Wenn endlich die gesamte Entstehungs- und Lebensdauer eines Bauwerks betrachtet wird, sind Denkmale konkurrenzfähig. Dabei kann die Denkmalpflege dem nachhaltigen (Neu-)Bauen einen Schub geben.

Dr. Ursula Schirmer

Dr. Ursula Schirmer ist Pressesprecherin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Abteilungsleitung der Bewusstseinsbildung. Als Kunsthistorikerin mit langjähriger Erfahrung in der Stiftung ist sie Expertin in allen Denkmalthemen.

© Maren Lupberger